News Arbeitsrecht

LAG Berlin Brandenburg 24.07.2019: Kündigung wegen Alkoholerkrankung

Die, einem Schwerbehinderten gleich gestellte alkoholabhängige Klägerin war im Schnitt der letzten 4 Jahre vor Kündigung 236 von 261 theoretisch möglichen Arbeitstagen jährlich arbeitsunfähig einschließlich stationärer Aufenthalte. Entwöhnungsversuche waren nicht erfolgreich bzw. wurden durch die Klägerin abgebrochen. Die für die ausgesprochene Kündigung erforderliche negative Gesundheitsprognose war evident. Das LAG hielt auch die betriebliche Beeinträchtigung für nicht mehr zumutbar. Angesichts einer  Verfügbarkeit der Klägerin im Umfang von lediglich 10 % der Jahresarbeitszeit sei das „Arbeitsverhältnis weitgehend sinnentleert.

Für einen Arbeitnehmer der nur noch wenige Tage pro Jahr für eine Arbeitsleistung zur Verfügung steht, kann sinnvoll eine zu bearbeitende Arbeitsmenge nicht vorgehalten werden“, so da LAG. Auch die Interessenabwägung geht trotz hohem Lebensalter, langer Betriebszugehörigkeit, Gleichstellung und der Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt für die Klägerin zu deren Lasten. Da die Klägerin jeweils ein Eingewöhnungspraktikum benötige, habe die Beklagte letztlich nichts mehr vom Arbeitsverhältnis, zudem habe die Klägerin durch den Abbruch von drei Entwöhnungsversuchen selbst zur Situation erheblich beigetragen.

Spannende Nuance: die gerügte Betriebsratsanhörung wegen fehlerhafter Information über 5 Tage Arbeitsunfähigkeit als alkoholbedingttatsächlich nicht alkoholbasiert – hielt das LAG wegen er deutlich überwiegenden Zahl alkoholbedingter Krankheitstage (insofern Betriebsrat richtig informiert) für nicht erheblich. Ob eine derartige Mengengewichtung den formalen Anforderungen des § 102 BetrVG entspricht, darf bezweifelt werden.