News Internationales Vertragsrecht und Gewerblicher Rechtsschutz

EuGH, 19.12.2024 – Produkthaftung, Hersteller / Lieferant

Der Kläger erwarb in Italien einen PKW Ford von einem dortigen weiteren Vertragshändler der Ford Italia SpA, hergestellt war das Fahrzeug bei WAG in Köln. Nach Verkehrsunfall in 2001 und Nichtauslösen des Airbags verklagte der Kläger Ford Italia als Hersteller/Lieferant nach Produkthaftungsrecht seit 2004 in Bozen, ab 2012 vor dem dortigen Berufungsgericht, welches – italienischem Gerichtstempo entsprechend – nach insgesamt bis dato 14 jährigem Rechtsstreit 2018 entschied. Das Corte suprema di cassazione legte dem EuGH vor, welcher 2024 entschied und nunmehr, ca. 25 Jahre nach dem Unfall, das Kassationsgericht befähigt, eine Entscheidung zu treffen. Kernfrage des Rechtsstreits beim EuGH war, inwieweit ein Erfordernis besteht, dass Ford Italia aktiv durch Aufbringen eines Kennzeichens am Produkt sich als Hersteller ausgibt (hier Fordlabel, welches unstreitig durch WAG in Köln aufgebracht wurde). Nach dem Sinn der zu Grunde liegenden europäischen Richtlinie sei es lt. EuGH unerheblich, „ob eine Namenskennung selbst auf dem Produkt angebracht wird oder der Name des Händlers (hier Ford Italia) dem Namen des Herstellers entspricht. In beiden Fällen „nutzt der Lieferant nämlich die Übereinstimmung...

zwischen der in Rede stehenden Angabe und seiner eigenen Firma, um beim Verbraucher ein Vertrauen hervorzurufen, das mit dem vergleichbar ist, das er hätte, wenn das Produkt unmittelbar von seinem Hersteller verkauft würde“.

In der Quintessenz bestätigt die EuGH die gesamtschuldnerische Mithaftung des Lieferanten, hier Ford Italia weil jener die Bekanntheit des produzierenden Herstellers nutzt, „um das fragliche Produkt in den Augen der Verbraucher attraktiver zu machen. Das rechtfertigt es, dass sie als Gegenleistung wegen dieser Verwendung haftbar gemacht werden kann.“ Hinzu kommt, dass die EU-Richtlinie das Ziel verfolgt, die Last, den tatsächlichen Hersteller des fraglichen fehlerhaften Produkts ermitteln zu müssen, zu lindern, indem auch andere, am Vertriebsprozess beteiligte als Hersteller/Lieferant unmittelbar in Anspruch genommen werden können.

Bemerkenswert, dass die Schlussfolgerung, Ford Italia sei eine „Person die sich als Hersteller ausgibt“, auch wenn sie selbst das Logo Ford nicht an den Fahrzeugen angebracht hat. So sollte effizientes Gerichtswesen nicht funktionieren, wenn für solch eine vergleichsweise banale Erkenntnis 25 Jahre vergehen müssen.